Albrecht I. von Habsburg (1255–1308) war ein vorsichtiger Fürst. Um Giftanschl?ge rechtzeitig zu erkennen, setzte er auf modernste Technik. Das waren im Mittelalter Silberb?umchen mit Korallen oder Schlangenz?hnen, denen man die Eigenschaft zuschrieb, zu schwitzen, wenn sie Gift erkannten. Am 25. November 1295 aber versagte offenbar das Ger?t. Albrecht wurde bei Tisch schlecht. Um ihn zu retten, h?ngte man ihn an den Fü?en auf, sodass das Gift durch Mund und Nase ablaufen konnte. Was Albrecht bei dieser Prozedur verlor, war ein Auge.
Der Verlust hatte weitreichende Folgen, nicht nur, was das pers?nliche Wohlbefinden anging. Denn in seiner Zeit war die Toleranz gegenüber Behinderungen noch nicht weit entwickelt. Hohn und Spott waren die Folge, die ihren Niederschlag in den Quellen fanden, die Albrecht als b?urischen, mürrischen, strengen, ja tumben Mann charakterisierten, der am 1. Mai 1308 sein Ende durch die Hand eines Attent?ters fand. Erst moderne Historiker fanden heraus, das Albrecht auf dem besten Weg gewesen war, dem r?misch-deutschen K?nigtum ein Fundament zu verschaffen, das die Geschichte des Heiligen R?mischen Reiches wom?glich in andere Bahnen gelenkt h?tte, w?re er l?nger am Leben geblieben.
Albrecht war der ?lteste legitime Sohn Rudolfs I. (1218–1291). Die Wahl dieses ersten Habsburgers zum r?misch-deutschen K?nig beendete das sogenannte Interregnum, in dem sich nach dem Untergang der Staufer mehrere machtlose Herrscher abl?sten. Rudolf, der bei seiner Wahl nur Graf und nicht einmal Reichsfürst gewesen war, stammte aus einer Familie, die am Hoch- und Oberrhein über einigen Territorialbesitz verfügte.
Indem er engagiert gegen das grassierende Fehde-Unwesen im Reich vorging und K?nigsrechte und -güter wieder an sich zog, gelang es ihm, das K?nigtum zu stabilisieren. Dazu geh?rte auch der Sieg über seinen gr??ten Rivalen, Ottokar von B?hmen. Damit gewann Rudolf weite Teile ?sterreichs, die zur Grundlage der sp?teren habsburgischen Gro?macht werden sollten.
Der ungeahnte Machtzuwachs seiner Dynastie bewog die Kurfürsten, nach Rudolfs Tod 1291 Albrecht zu umgehen und mit dem Grafen Adolf von Nassau einen harmloseren Kandidaten zum K?nig zu w?hlen. Da der sich aber mit dem Mainzer Erzbischof und seinen Verbündeten überwarf, wurde er 1298 abgesetzt. Nun führte an Albrecht kein Weg mehr vorbei. Der er?ffnete umgehend den Feldzug, der Adolf den Tod brachte.
Von seinem Vater war Albrecht zum Herzog von ?sterreich und der Steiermark erhoben worden. Ein anderes betr?chtliches Verm?gen gewann er durch seine Ehe mit einer Tochter des Grafen von Tirol-G?rz. Nicht nur, dass der Schwiegervater die Politik seines Nachbarn Albrecht unterstützte. Seine Frau Elisabeth gebar dem K?nig auch viele Kinder, von denen zw?lf namentlich bekannt sind. Albrecht verheiratete sie kalkuliert und knüpfte damit Bande zur Mark Brandenburg, zu Breslau, Savoyen, von Bayern bis nach Frankreich, B?hmen und Ungarn.
Mit diesem politischen Kapital, das bereits das sp?tere Familienmotto ?Kriege m?gen andere führen, du, glückliches ?sterreich, heirate“ vorwegnahm, machte sich Albrecht daran, es seinem Vater gleichzutun und die k?niglichen Rechte zur Geltung zu bringen. Sein Versuch, die Grafschaft Holland an sich zu ziehen, alarmierte die rheinischen Kurfürsten, deren Widerstand aber im Bündnis mit vielen St?dten und dem franz?sischen K?nig gebrochen werden konnte. Zwar konnte er Holland nicht gewinnen, wohl aber zahlreiche Zollst?tten und weiteres Reichsgut.
Auch der Konflikt mit Papst Bonifatius VIII. bewies, dass Albrecht nicht nur ein erfolgreicher Feldherr, sondern auch ein pragmatischer Politiker war. Jener argumentierte, die K?nigswahl von 1298 sei unrechtm??ig erfolgt, allerdings sei er geneigt, ihr im Nachhinein sein Plazet zu geben, wenn Albrecht ihm einen Teil Reichsitaliens, n?mlich die Toskana, abtrete. Dieser behandelte das Problem eher dilatorisch, widmete sich dem Kampf gegen die weltlichen Kurfürsten und verzichtete auf einen Zug nach Italien, der ihm vielleicht die Kaiserkrone und sicherlich viel ?rger eingetragen h?tte. So aber l?ste Philipp IV. von Frankreich das Problem, indem der den Papst überfiel und ausschaltete.
Nach seinen Erfolgen am Rhein widmete sich Albrecht den M?glichkeiten, die ihm die Heiratsverbindungen mit B?hmen und Ungarn er?ffneten. Dort standen nach dem Tod der Herrscher die Throne zur Wahl. W?hrend Albrecht in Ungarn seine Ansprüche nicht durchsetzen konnte, gelang es ihm in B?hmen, einen Sohn zum K?nig w?hlen zu lassen. Als der aber vor der Zeit starb, überzog er das Land mit Krieg.
Damals verschoben sich die Schwerpunkte der Habsburger vom Oberrhein nach Osten, wie sich überhaupt die Perspektive der Europ?er weitete. ?Immer wieder wechselten die Konstellationen, immer wieder kam es zu weitgespannten famili?ren Verbindungen, immer wieder zogen Ritter und Rittergruppen über Hunderte und Tausende von Kilometern hin – als wollten sie die Welt der Ritterromane in die Wirklichkeit umsetzen“, beschrieb der Medi?vist Hartmut Boockmann diese Welt.
Die Chancen standen gut, dass Albrecht mit dem Gewinn B?hmens seine Hausmacht soweit gest?rkt h?tte, dass sie zum Nukleus eines starken Erbk?nigtums im Heiligen R?mischen Reich h?tte werden k?nnen. Nicht zuletzt die b?sartigen Unterstellungen ?sterreichischer Chronisten, die gern sein ?u?eres aufs Korn nahmen, sprechen für die Energie, mit der Albrecht seine Pl?ne in seinen Erbl?ndern vorantrieb. Denn er stützte sich dabei auf landfremde Adlige, die wenig mit den ?sterreichischen Eliten verband und ihm loyal ergeben waren.
Doch ausgerechnet ein Familienmitglied machte Albrecht einen Strich durch die Rechnung. Sein etwa 18 Jahre alter Neffe Johann, Sohn von Albrechts verstorbenem Bruder Rudolf, forderte endlich die überlassung seines Erbes, das der K?nig verwaltete. Diese Ansprüche hatte Albrecht wohl nicht verweigert, doch z?gerte er die Kl?rung offensichtlich hinaus, schreibt Boockmann.
?Also beschloss dieser junge Fürst mit Herrn Walter von Eschenbach, Herrn Rudolfen von Balm, Herren Rudolfen von Wart und Konrad von Tegerfeld Ritter, den K?nig Albrecht umzubringen“, schrieb der Schweizer Historiker und Staatsmann Johannes von Müller in seinen ?Geschichten der schweizerischen Eidgenossenschaft“. In Brugg, das damals noch den Habsburgern geh?rte, ergab sich am 1. Mai 1308 die Chance. Allerdings nicht mit Gift.
Der K?nig beschloss, mit kleinem Gefolge der anreisenden K?nigin entgegenzureiten. Die Verschw?rer begleiteten ihn. Nachdem es ihnen gelungen war, Albrecht von den übrigen Reitern zu trennen, soll Johann ihm den Speer in die Gurgel gerammt und Balm den Kopf gespalten haben. Dann traf ihn Eschenbach mitten ins Gesicht. ?Solchen Todes ist vor ihm und nach ihm kein K?nig noch Kaiser der Teutschen gestorben“, schrieb von Müller.
Für die Kurfürsten war das Attentat ein Geschenk. Mit der Wahl des wenig bedeutenden Grafen Heinrich von Luxemburg hofften sie, der wachsenden Macht der Habsburger einen Riegel vorschieben zu k?nnen. Der neue K?nig allerdings wollte sich mit der m?chtigen Familien ins Benehmen setzen und verh?ngte die Reichsacht über die M?rder. Sie kamen in Haft, einer wurde ger?dert, ihre Güter wurden eingezogen, ihre Dienstleute umgebracht. Am Ort des Attentats stiftete Albrechts Witwe Elisabeth ein berühmtes Kloster: K?nigsfelden.
Sie finden ?Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like.