Wenn jemand eine Wette mit dem Teufel eingeht, nimmt das meist kein gutes Ende. Au?er man ist so clever wie die Regensburger. Nach der bekanntesten Legende der Stadt wollte der Erbauer der Steinernen Brücke sein Bauwerk schneller vollenden als sein Konkurrent, der Dombaumeister. Noch heute erinnert daran die Figur des Bruckmandls auf der Brückenmitte, die mit schützend über die Augen gehaltener Hand hinüberschaut, welche Fortschritte der Kirchenbau macht.
War dem Dom zweifellos Gottes Hilfe vorbehalten, so musste für weltliche Monumente notgedrungen der Teufel herhalten, wenn es darum ging, Au?ergew?hnliches in kürzester Zeit zu bewerkstelligen. W?hrend sich der Dombau mehr als 250 Jahre hinzog, war die Steinerne Brücke in nur elf Jahren bereits 1146 fertig.
Damals als achtes Weltwunder gefeiert, diente sie den Pragern als Vorbild für die Karlsbrücke, deren Bauarbeiten erst 1357 begannen. Ihre pr?chtigen Steinskulpturen erhielt die Moldaubrücke aber erst im Barock, als Regensburg für solche Ausgaben l?ngst zu arm war.
Prag verdankt Regensburg seine Eigenst?ndigkeit
Kurioserweise haben die Prager ihre Eigenst?ndigkeit den Regensburgern zu verdanken, denn im Jahre 973 stimmte Regensburgs Bischof Wolfgang für die Abtrennung des bis dato zu seinem Missionsgebiet geh?renden B?hmen und erm?glichte so erst die Gründung des Bistums Prags.
Zwei H?hne und ein Hund waren in Regensburg die Ersten, die der Baumeister über die Brücke schickte. Damit l?ste er seine Wette mit dem Teufel ein, dem er die ersten drei Seelen versprochen hatte, die über die Brücke laufen. Aus Wut darüber soll der Teufel versucht haben, das Bauwerk wieder zu zerst?ren.
Weil das jedoch nicht gelang, schlie?lich war die Brücke ja teuflisch gut gebaut, schoss Luzifer hinab in die Donau und verursachte die berühmten Donaustrudel. ?Als wir jüngst in Regensburg waren, sind wir über den Strudel gefahren“, summt ein ?lteres Ehepaar an der Brückenbrüstung und beobachtet amüsiert die Flussschiffe beim schwierigen Man?ver gegen die starke Str?mung.
Für das bekannte Volkslied interessieren sich junge Regensburger heute herzlich wenig, für heftige Strudel dafür umso mehr. ?Wenns Wasser weida steigt, strudelts uns bald obi von der Insel“, fürchtet Moni und bindet sich wie zur Sicherheit schon mal ihren roten Lockenschopf nach oben, bevor sie sich mit anderen Studenten an ihrem Lieblingsplatz auf der Jahninsel unter der Brücke zum Sundowner trifft.
Hier, auf halber Strecke zwischen Altstadt und gegenüberliegender Uferseite, l?sst man die Fü?e beim Feierabendbier ins Wasser baumeln und prostet hinüber zur Altstadtfront, wo sich an lauen Sommerabenden die Kaimauer mit Menschen füllt, die noch die letzten Sonnenstrahlen auskosten wollen.
Mittelalterliche Bauten in der Altstadt
An der Prager Karlsbrücke ist das beinah genauso, denn auch die tschechische Hauptstadt hat viele Studenten, von den Touristen ganz zu schweigen. Im Vergleich dazu geht es in Regensburg deutlich entspannter zu.
Vor allem wenn man bedenkt, dass die Stadt an der Donau weit mehr Bezüge zu Prag bereith?lt als eine imposante Brücke. Nicht nur Prag verfügte schon im Mittelalter über eine bedeutende jüdische Gemeinde, auch in Regensburg existierte damals eine der gr??ten jüdischen Ansiedlungen in Deutschland, das jüdische Viertel lag rund um den Neupfarrplatz.
Früher als provinziell verschrien, hat Regensburg seit 2006 durch den Erhalt des Unesco-Welterbetitels (Prag besitzt ihn auch) schnell international aufgeholt. L?sst man sich durch die engen Altstadtg?sschen treiben, erweist sich die nahezu vollst?ndig erhaltene mittelalterliche Bausubstanz ebenso attraktiv wie in Prag. Viele kleine kunsthandwerkliche Betriebe gibt es in Regensburg zu entdecken, denn gro?e Handelsketten haben die Altstadt bisher wegen zu kleiner Ladenfl?chen gemieden.
Die Insel in der Donau geh?rte schon zu Bayern
Wie Prag ist auch Regensburg Hauptstadt, und zwar die des Regierungsbezirks Oberpfalz. Die Donaumetropole war die erste mittelalterliche Hauptstadt Bayerns und wurde wegen ihres wirtschaftlichen Aufschwungs Mitte des 13. Jahrhunderts Freie Reichsstadt.
Für die Regensburger begann das ?Ausland“ damals schon jenseits der Steinernen Brücke am anderen Ufer. ?über die Donau heiratet man nicht“, hie? es. Die heute zur Stadt geh?rende Donauinsel Stadtamhof geh?rte schon zu Bayern und war bis 1810, als Regensburg dem K?nigreich Bayern einverleibt wurde, gewisserma?en Feindesland.
Und ausgerechnet bei den einst so verhassten Bayern liegt das St.-Katharinen-Spital, dessen ?lteste Stiftungsbrauerei der Welt mit Prags angestammter Biertradition gut mithalten kann. Eigentlich war das Bier 1226 zur St?rkung der untergebrachten Kranken gebraut worden, aber im Spitalgarten unter jahrhundertealten Lindenb?umen direkt an der Donau mit Blick auf die Steinerne Brücke st?rken sich l?ngst auch Freunde der hauseigenen Manufakturlinie mit spezielleren Brausorten und Craftbieren.
Bis heute bekommen hier die Bewohner des Seniorenheims auf Wunsch ihren kostenlosen Haustrunk: drei Halbe Bier pro Woche. Ein Alterswohnsitz mit Freibier auf Lebenszeit, welch verlockender Gedanke!
Tipps und Informationen
Anreise: Regensburg liegt am Schnittpunkt von A3, Nürnberg– Passau, und A 93, Hof und München. Der t?glich zwischen Berlin und Wien verkehrende ICE 92 ?Berolina“ macht in Regensburg Halt; der überregionale Flughafenexpress bietet stündlich eine Direktanbindung an den Münchner Flughafen.
Unterkunft: ?Boutiquehotel Orphée“, Doppelzimmer ab 95 Euro, hotel-orphee.de; ?Hotel Rote 19“, nahe Steinerne Brücke, Doppelzimmer ab 90 Euro, hotel-rote19.de.
Tipp: Seit über 850 Jahren sorgt eine Wurstbraterei neben der Steinernen Brücke für das leibliche Wohl von Einheimischen und Touristen – die ?Wurstkuchl“ gilt als weltweit ?ltester Betrieb dieser Art.
Auskunft: tourismus.regensburg.de
Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Regensburg Tourismus. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabh?ngigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit.