1901 Neuinfektionen wurden am Dienstag registriert, so viele wie seit mehr als drei Wochen nicht. Entscheidender allerdings als diese ist eine andere Zahl: Für 1086 Menschen im Alter von 60 und mehr Jahren ist in der zurückliegenden Kalenderwoche ein positiver Coronavirus-Test vermeldet worden, wie der RKI-Lagebericht vom Dienstagabend zeigt.
Das ist der erste vierstellige Wert seit Mitte Mai. Und ein Anstieg gegenüber der Vorwoche von deftigen 64 Prozent, w?hrend im Unter-60-Bereich das Plus nur fünf Prozent betrug.
Dies ist deshalb bedeutsam, weil es bekannterma?en vor allem die Senioren sind, für die eine Corona-Infektion t?dlich verl?uft: 95 Prozent der bisherigen Corona-Toten in Deutschland waren 60 plus.
Wir müssen das Infektionsgeschehen pr?zise und zeitnah erfassen
Ein Wiederaufflackern der Pandemie ist vergleichsweise unerheblich, solange die Zahl der betroffenen Alten auf überschaubarem Niveau bleibt (wie es in den vergangenen vier Monaten der Fall war). Umgekehrt nutzen auch insgesamt ma?volle Zahlen wenig, wenn sich darin eine steigende Inzidenz unter ?lteren verbirgt (wie wir es nun erleben k?nnten).
Wenn wir hier bei Bedarf gegensteuern k?nnen wollen, müssen wir das Infektionsgeschehen m?glichst pr?zise und zeitnah erfassen. Nach Lebensalter aufgeschlüsselte Infektionszahlen ver?ffentlicht das dafür zust?ndige RKI aber nur einmal w?chentlich. Erst am Dienstagabend kommender Woche ist mit neuen Daten zu rechnen.
Auch die Zahl der durchgeführten Corona-Tests oder Angaben zum mutma?lichen Infektionsland werden nur im Wochenrhythmus bereitgestellt. Andere zentrale Indikatoren – wie die Zahl der aktiven F?lle – werden vom RKI bis heute nicht ausgewiesen.
Dass es auch anders geht, zeigen viele andere L?nder, D?nemark zum Beispiel oder ?sterreich. Wer hofft, die dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nachgeordnete Beh?rde werde nun flexibel auf die neue Lage reagieren, kennt die Stoiker um Pr?sident Lothar Wieler schlecht.
Die eine oder andere kleine Nachbesserung gab es über die Monate, aber inzwischen geht der Trend wieder in Richtung Informationsverknappung. Erst Anfang der Woche hat das RKI verkündet, seinen Lagebericht auszudünnen. Ab sofort werde der Report ?in einer gekürzten Fassung ver?ffentlicht“, hie? es nonchalant.
Passenderweise erscheint der Lagebericht als PDF-Datei, in einem Format, das aus der digitalen Antike (1993) stammt. Und das gut zur Dokumentation ewiger Wahrheiten geeignet ist, aber nicht recht passen will bei der Erfassung dynamischer Entwicklungen wie einer Pandemie.